reha online

Heute ist mir endlich geglückt. Da man sich in einer reha-Klinik ja bekanntlich entspannen soll und dementsprechend das höchste der Gefühle hier das Lesen oder das Unterhalten ist, habe ich nun den technischen Aspekt mehr in den Vordergrund gerückt.
Ich habe mir am Wochenende meinen Laptop eingepackt und nun mit meinem Handy eine sogenannte GPRS Internetverbindung aufgebaut. Das macht mich mit Sicherhait arm, aber eben auch glücklich. Folglich werde ich schneller gesund und koste dem Steuerzahler weniger Geld, was dazu führt, dass eine Steuersenkung unabdingbar wird und ich meine GPRS-online-Kosten später durch Steuerrückzahlungen wiederbekomme ... oder auch nicht.

Egal.

Heute sah mein Tagesplan wie folgt aus :

07:00 aufstehen und danach gleich Frühstück, denn um 08:00 hatte ich bereits eine Verabredung mit Frau M, die bei mir eine sogenannte Kaltgastherapie anwenden sollte. Da es auch meine erste Kaltgastherapie war, war ich auch dementsprechend aufgeregt. Im Prinzip, so weiß ich jetzt, ist das nichts anderes als ein Staubsaugerschlauch, der an der einen Seite einfach offen ist und aus dem extrem kalte Luft kommt. Damit hat die ca. 37 jährige, schwarzhaarige Frau M mir dann über mein Knie gepustet und nach ca. 12 min war das dann auch schon wieder vorbei. Doch nur scheinbar... denn nun musste ich mein Knie in eine dicke Wolldecke einwickeln und es begann, sehr heiß zu werden. Ich habe zwar keine große Ahnung von Medizin, aber dass eine kalte Stelle vom körper mehr durchblutet wird, leuchtet sogar mir ein.
Nach ca. 3 min wurde mir die Decke doch ziemlich forsch entwendet und das Ende diese Therapiesitzung stand nun unmittelbar bevor. Da die Uhr aber bereits 08:33 zeigte, bin ich einfach zurück in die Brunnenhalle gegangen und habe mich dort hingesetzt. Die Brunnenhalle ist eine ziemlich geschmacklose Wartehalle, in der die Patienten auf ihre Anwendungen warten. Besonders makaber ist die Rollstuhl-Delivery-Service, wie ich ihn einfach mal frech nenne. Vornehmlich ältere Leute, die an einen Rollstuhl gebunden sind, werden mit einem Service-Rollstuhl von ihrem Zimmer abgeholt und in der hinteren rechten Ecke der Brunnenhallte quasi geparkt. Dann stehen da manchmal bis zu 8 Omas in Rollstühlen nebeneinander sauber aufgereiht und die Therapeuten kommen dann nach und nach und holen sich „ihre“ Oma ab. Mich erinnert das sehr an die Containerabfertigung auf dem Burchardkai im Hamburger Hafen. Dort werden auch immer Container von den Stellplätzen zu den ontainerbrücken gebracht und von dort auf´s Schiff gehoben.
Na ja auf jeden Fall hatte ich um 09:00 meine nächste Anwendung in dem sogenannten Therapiering, weshalb ich mich eben entschloss, in der vor dem Therapiering befindlichen Brunnenhalle zu warten. Um kurz vor neun machte ich mich dann auf in Richtung Kabine 49W. Dort erwartete ich eigentlich Frau K, mit der ich die folgende Anwendung schon zweimal durchlebt habe. Die Rede ist von einem „Solewannenbad mit Lift“. Dahinter verbirgt sich eine Art Badewanne, in der normales Wasser mit Salzen und mit Moorextrakten angereichert wird, so dass es zwar noch ganz flüssig ist, jedoch sieht es aus wie eine verstopfte Toilette und riecht wie die Nordsee. Das Prozedere des Solewannenbads ist ziemlich einfach. Man zieht sich in einer Kabine nackt aus, und steckt dann seinen Therapieplan durch einen kleinen Schlitz in der Tür. Normalerweise macht dann Frau K diese Tür auf und schreitet dann mit dem Prozedere fort. Doch nicht heute! Heute war alles anders. Ich steckte meine Karte in den Schlitz und es trat eine ca. 22 jährige Praktikantin vor mich, die mir mitteilte, dass Frau K leider krank wäre. Nun stehst Du da. Splitternackt mit einem kaputten rechten Knie, einem Gips in Navyblue an der rechten Hand und wie gesagt nackt und eine 22jährige, wie ich gestehe muß nicht unbedingt schlchte aussehende, Praktikantin steht vor Dir. Es ist 09:00 morgens an einem Montag morgen und Du siehst Dich nun plötzlich mit dieser Situation konfrontiert. Eigentlich war das ja nichts schlimmes, aber eben irgendwie komisch. Ich wurde dann mit einem Lift in das Solewannenbad gehoben und habe wie in einem Whirlpool 20 min darin gelegen und entspannt.
Den nächste Termin hatte ich dann erst um 11:00 bei Herrn S, meinem Physiotherapeuten. Nichts neues, kaum der Rede wert. Hoch das Bein, Knie einknicken, kurz aufschreien, Bein wieder runter. Das ganze viermal und danach noch abtasten der Rückenwirbel. Meine Wirbelsäule ist natürlich schief, aber mit „wer hat schon eine gerade?“ wurde ich getröstet. Tja dann Mittagesse um 12:00 und vierzig Minuten später dann Bewegungsbad T1C allerdings nicht in einer „Kleingruppe Wasser“ sondern „selbst. Übungen in BB“. Das war klasse. Eine dreiviertel Stunde lang die Übungen, die man persönlich als am Geeignetesten ansieht. Und das ganze in einem schön warmen Schwimmbad, in dem noch bequem stehen kann.
Der krönende Abschluss dieses Reha Tages machte aber ganz klar die klassische Massage um 15:10 in Kabine 34 bei Frau Sch.
Doch alleine die Vorfreude hierauf ließ mich fast vergessen, wo diese besagte Kabine überhaupt zu finden ist... Nach einer Idiotenrunde um den ganzen Therapiering saß ich dann auf den Wartesitzen vor Kabine 34 und wurde von einer charmanten Frauenstimme hereinbestellt. Tja Frau Sch war ungefähr Ende Zwanzig und hatte blonde lange Haare. Sie bat mich dann, mich „oben rum“ frei zu machen und mich auf die Liege zu legen. Nun kann man sich vorstellen, dass ich mir ausgiebige Gedanken dazu gemacht habe, wie ich es endlich mal wieder schaffen könnte, auf dem Bauch zu schlafen, da das ja mit meiner geflickten Kniescheibe nicht geht...
Nun bin ich auch nur ein Mann, der beim Anblick einer schönen Frau manchmal dazu neigt, vielleicht falsche Dinge dem Verstand vorzuziehen. Demnach habe ich mich auf ihre Aufforderung hin auch auf den Tisch gelegt und meine Beine grazil hinterhergezogen. Gut, das war´s dann erst mal, da meine Kniescheibe wie ein Sack Mehr auf den Tisch schlug und der Schmerz jeden Synapse im Körper ereilte.
Sie schlug vor, die Massage im Sitzen durchzuführen, was mit sicherheit de bessere Lösung gewesen ist. Nach wenigen Minuten war das Knie mal wieder vergessen, da mich ihre Hände erst ziemlich sanft am Hals zu massieren begannen. Leider war das ja nun keine Candle-Light-Romantic-Massage, sondern beinharte Arbeit, wie ich bereits nach wenigen Augenblicken erfuhr. Ich wusste gar nicht, wie Schulterblätter knacken können.

In einer halben Stunde ist Abendbrot und danach werde ich mir vielleicht noch die Kunst des Serviettenfaltens aneignen oder eine Teekanne töpfern.

Montag, 20. Oktober 2003, 18:50, von basssebe | |comment