Freitag, 26. Dezember 2003
Mein Weihnachtsfest bis jetzt

Anfangen möchte ich erst einmal mit dem Dienstag, den 23.12.2003. Es ist neun Uhr und eine Minute als ich aus dem Haus gehe und den ca. 650 Meter langen Weg zum Bahnhof antrete ... Ein Morgen wie viele andere auch, denn ich gehe zur Arbeit. Doch irgendwas stimmt heute nicht. Da ich – wenn ich denn zur Arbeit fahre – jedes Mal den Zug um 09:06 nehme, sehe ich auch sehr oft die selben Menschen am Bahnhof stehen. Es ist nun nicht so, dass man sich grüßt oder fröhlich Hallo ruft, sondern es ist viel mehr dieser betrachtende Blick, der den anderen kurz erfasst und ihn aber auch sofort danach wieder loslässt.
Keiner von diesen Pseudo-Bekannten war da. Niemand. Es standen dort sage und schreibe fünf Personen auf dem Bahnsteig. Der Zug kam, ich stieg etwas verunsichert ein und ließ meine Uhr nicht aus den Augen ... Es musste doch eine logische Erklärung dafür geben, dass man nahezu alleine in der S-Bahn sitzt. Als wir in Altona einfuhren und ich die S-Bahn wechseln musste, bemerkte ich endlich einen Typen mit einer Weihnachtsmütze auf seinem Kopf. Endlich fiel mir ein, dass wir uns einen Tag vor Ablauf des Weihnachts- Kaufrausch- Marathons befanden. Die Leute waren also alle schon in ihrem Weihnachtsurlaub, immer noch auf der Suche nach dem passenden Geschenk, am Lebensmittel einkaufen oder sie frühstückten gerade gemütlich mit ihren liebsten. Doch auf die Idee, arbeiten zu gehen, kam natürlich niemand.
Gut angelangt in der Firma habe ich dann meine 5 1/2 Stunden dort verbracht, war mit meinem Chef noch beim Italiener essen, habe mit ihm über das kommende Jahr geredet und plötzlich war es 15:00.

15:00. 364 Tage im Jahr habe ich es vor mir hergeschoben. Und über jegliche Hinweise, Weihnachten käme nie plötzlich, habe ich 364 Tage lang gelacht und es einfach abgetan. Doch nun war es Dienstag, der 23.12.2003 15:00 Uhr und ich hatte noch kein einziges Weihnachtsgeschenk. Also Zeitfenster definieren, grob die Gedanken ordnen, Familienmitglieder zählen, sonstige Geschenke mit einrechnen, kurz Budget festlegen, erste Ideen niederschreiben, daraus Folge-Ideen umsetzen ... oder eben einfach draufloskaufen. Ich entschloss mich für letzteres und fuhr einfach mit dem Bus in die Innenstadt. Erst die einfachen Sachen. Für meinen Vater gibt´s zwei Eintrittskarten für ein Konzert der Beatles-Cover-Band. Wow mein erstes Geschenk in vier Minuten. Guter Schnitt. Plötzlich einen großen Laden gesehen, in den ähnlich eines Ameisenhaufens ständig kleine Mädchen in dem Alter meiner kleinen (13) Schwester rein und rausgingen. MISS SIXTY. Absolut „in“ sag ich Euch. Also kauft man natürlich seiner kleinen Schwester einen Gutschein. Vielleicht über 15,- maximal 20,- EUR. Dummerweise hätten mich die Verkäufer, bei denen ich mich noch nicht entscheiden kann, ob sie eher „megacool“ oder „potthässlich und albern“ auf mich wirkten, ziemlich ausgelacht, wenn ich mit diesem mickrigen Betrag zur Kasse gegangen wäre. Ein MISS SIXTY Top kostet nämlich ab 32,- EUR aufwärts. Das billigste Accessoire, dass ich in dem Laden entdeckt habe, war ein MISS SIXTY Schlüsselband für runde 14,20 EUR.
Schnell raus aus dem Laden. Aber die Idee, meiner Schwester irgendwas zum anziehen zu schenken fand ich gut. Also zu H&M. Das kann ich mir wenigstens leisten. Habe auch ein schönes Teil gefunden, doch dummerweise scheitere ich als Mann schon daran, etwas in der richtigen Größe für mich selbst zu kaufen. Wie soll ich denn nun für ein 13-jähriges Mädchen eine schicke Strick-Jacke kaufen...
Nachdem mir dann zwei Mädels in ihrem Alter zu einer L-Jacke rieten beschloss ich, sie zu kaufen. „Man kann sie ja umtauschen“ riet mir die nette Verkäuferin. Zweites Geschenk nach 48 min. Der Schnitt wird schlechter... schnell aufholen. Also bekommt ihr Zwillingsbruder (ebenfalls 13 – haha) auch etwas zum anziehen. Gleicher Laden – ein Stockwerk tiefer. Auf Anhieb ein mega-cooles T-Shirt, dass eher ein Mittelding zwischen T-Shirt und Pullover ist gefunden, lustige Boxer-Shorts von den Simpsons dazu und fertig ! Juhu – drittes Weihnachtsgeschenk nach 57 min.
Für meine Mutter hatte ich schon etwas. Sie bekommt Kinogutscheine und ich werde ich noch zwei Sushi Gutscheine schenken. Nicht besonders originell, aber sie wünscht sich das.
Für meinen mittleren Bruder (21) war ich mir nicht wirklich sicher ... Seinen Geschmack zu treffen ist nicht immer einfach. Die Idee, zu Saturn zu gehen, erwies sich schnell als großer Fehler, da es meinen Schnitt dadurch, dass ich bestimmt 8 Schaltjahr-Perioden an den Schlangen anstehen würde, deutlich nach unten ziehen würde. Doch bevor das passieren sollte, musste ich mir ja erst mal etwas passendes aussuchen. Im Auge hatte ich die neue CD des Keyboarder von DreamTheater Jordan Rudess, der ein nettes Solo-Album gemacht haben soll. Gab´s nicht. Der Soundtrack von „Rückkehr des Königs“ hatte er schon und ihm sein neues Lieblings-Album „Testimony“ von Neal Morse in Original zu schenken (er hat´s sich kopiert – der Dieb! ) gefiel mir nicht wirklich.
Es ist zum Schluß die CD von Randy Newman geworden.
Für meine Freundin habe ich zwei Karten für den Soweto Gospel Chor gekauft. Auch nicht das kreativste – gebe ich ja zu – aber wie ich vorhin gesehen habe, hat sie sich sehr darüber gefreut. Gut, einpacken hätte man sie können ...

Hurra. Ich habe alle Geschenke und rufe einen guten Freund an, um mich mit ihm zu treffen. „Hey, ich bin grad in Altona, Geschenke kaufen. Will noch schnell ins Einkaufszentrum, die letzten Dinge besorgen... Kommst Du mir“ „Klar, bin gleich da“ antwortete K.

Ab hier beginnt die Geschichte sich inhaltlich leider etwas zu verselbstständigen. Denn ...

... wir beschlossen, erst mal einen Glühwein mit Schuss zu trinken. Daraus wurden nach einen kurzen Intermezzo in einem Klamottenladen dann glaub ich vier Glühwein mit Schuss (pro Person und der Aufforderung „Geht auch Schuss mit Glühwein anstatt Glühwein mit Schuss ?“)
Danach zu ihm, noch ein Weinchen aufgemacht, währenddessen Freunde angerufen, die man schon lange nicht mehr gesprochen hat, natürlich auch im Ausland, sonst macht´s ja keinen Spaß. Dann noch schnell in die Cocktail-Bar gegenüber, einen Brasile... einen Brasi... einen B... na ja egal dann halt einen Caipi bestellt und ziemlich bald festgestellt, dass alle Lampen an waren, wie man so schön sagt. Kurz vor Mitternacht. Juhu !

Jetzt ist Heilig Abend !!!

Ich wache neben meinem Telefonhörer auf, der unentwegt klingelt. Es ist eine gute Freundin, die mich zu einem ehemaligen Stufen-Treffen meiner Abiklasse am Samstag einladen will. Etwa 20min später ruft mich ein Freund an und fragt mich, was los sei, S. hätte ihm erzählt, er solle mich dringend anrufen, mir ginge es nicht gut.
Mist, muß man wohl gehört haben ...
Dann kam im Prinzip auch schon mein Vater um mich zum traditionellen Elbe-Spaziergang abgeholt hat. „Zieh Dich warm an, Junge es ist A...kalt draußen“ „Ja Papa ...“ Gut, auf Eltern zu hören war noch nie meine Stärke also zog ich mir meine Jacke an und ging mit.
Es regnete in Strömen – macht nix, dann freut man sich mehr aufs warme. Noch ein kurzes „Nein danke“ zum angebotenen Glühwein und dann auch schon wieder die Rückfahrt zum Haus meiner Eltern.
Ach ja da war ja noch was. Ich sollte ja für die Neffen von K. den Weihnachtsmann spielen. Also schnell wieder in Papas Auto und nach Ahrensburg gefahren. Dort umgezogen, mit weißem Bart kleine Kinder glücklich gemacht (nein, anders als manch einer denken mag) und danach selbst Weihnachten gefeiert. Ohne Weihnachtsmann.

Um 23:00 kam K. bei meinen Eltern vorbei, um mich zum feiern abzuholen. Wir sind dann also los, haben noch ein befreundetes Pärchen abgeholt und sind schon wieder in diese Cocktail-Bar gegenüber.

Da aber selbst in mir ein klitzekleines Fünkchen Vernunft schlummert, habe ich es bei drei harmlosen Cocktails belassen und bin so um vier mit K., der sich ausgesperrt hatte zusammen per Taxi nach Hause gefahren.

Heute musste ich dann erst mal ausschlafen, denn morgen sind die Großeltern dran.



In diesem Sinne : frohe Weihnachten

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